In den vergangenen Jahren machten einige Glücksritter Millionen im Kryptosektor, mit Nullen und Einsen. Das Ganze nahm absurde und ausufernde Züge an, gerade gegen Ende 2017. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Thema BitCoin selbst in der breiten Presse extrem gehyped. Es gab beinahe täglich neue Reportagen und Berichterstattungen zu BitCoin und Co. Man las und hörte immer wieder von Investoren die aus 1.000 Euro mehrere Millionen machten und versprach dass Kryptowährungen die Lösung all unserer Probleme sein werden. In diesem Zusammenhang wurde auch gerne von Technologie 3.0 oder gar 4.0 gesprochen.
Das Ganze erinnerte doch stark an den Aktienmarkt der 2000er. Viele Parallelen zeichneten sich ab.
1. Die Masse der Anleger stieg erst kurz vor dem derzeitigen Hoch ein und wurde bitter geschoren (rund 70 Prozent der Kryptowährungen notiert heute unter ihrem Veröffentlichungswert!).
2. Kurse bewegten sich exponentiell.
3. Täglich wurden neue Kryptowährungen veröffentlicht (Inflation durch ICOs – aktuell gibt es über 2.400 Kryptowährungen).
4. Die Mehrzahl der Kryptowährungen bietet keinen Nutzen und ist weit von einer realen Anwendung entfernt. Lediglich den Herausgebern dieser „Währungen“ machte es die Taschen voll.
5. Selbst Staaten dachten an eigene Kryptowährungen, eine Kopplung an diese oder Bürger die mit Kryptos beim Staat ihre Gebühren bezahlen.
6. An der US-Börse wurde ein Future auf BitCoin veröffentlicht und man sprach von Banken und Milliardären die ebenfalls in den Kryptomarkt einsteigen werden, sollte die Liquidität und somit die Handelbarkeit weiter steigen. Die Phantasie wurde bedient indem man riesen Kapitalzuströme versprach.
Doch wie sieht das ganze rund 9 Monate nach dem letzten BitCoin Kurshoch aus? Vieles hat sich seit dem verändert. Die Mehrzahl der Kurse solcher „Währungen“ fiel um mehr als 80 Prozent. Die Aufbruchsstimmung ist einem Kater gewichen. Doch dieser Kater scheint noch nicht genügend groß zu sein, denn auch hier gibt es eine Parallele zum Aktienboom der 2000er. Damals leugneten die Investoren den Bärenmarkt und sprachen davon, dass sie auch bei Kurskorrekturen von 50 Prozent und mehr nachkaufen würden. Damals nahm man Hypotheken auf Häuser auf um Aktien nachkaufen zu können. Ferner wurde man angefeindet wenn man davon sprach, dass der Aktienboom vorerst ein Ende findet. Aktuell läuft es ähnlich ab, wer sich kritisch über Kryptowährungen äußert wird belächelt oder gar angefeindet. Es besteht ein Leugnen der Realität. Hinzu kommt, dass viele der Kryptoinvestoren gerade einmal wenige Monate vor dem bisherigen Hoch eingestiegen sind und so gut wie keine Ahnung von Märkten oder der Technologie dahinter haben. Börse bewegt sich immer zwischen Angst und Gier, vermutlich ist letzteres das Hauptmotiv für viele der Krypto-Anleger gewesen, denn die Technologie kann es in der Mehrheit der Fälle nicht sein. Das Thema ist selbst jetzt noch immer schwer zugänglich (Markteintrittsbarriere für den Kauf hoch) und die Technologie umständlich, so dass niemals größere Mengen an Transaktionen schnell und kostengünstig abgearbeitet werden können (das eigentliche Ziel und angepriesene Nutzen der meisten Kryptowährungen). Wer braucht BitCoin mit horrenden Gebühren, wenn man mit PayPal innerhalb weniger Sekunden in vielen Währungen bezahlen kann. Abgesehen davon funktioniert auch das bisherige SEPA-System ohne Probleme und relativ schnell.
Dem Boom der Kryptos halfen sicher auch einige Finanzkrisen, gerade in Südamerika, wo größere Summen aus Angst vor einem Systemkollaps in BitCoin investiert wurden. Diese Zeit ist aber vorerst vorbei, denn diese „Währungsflüchtlinge“ haben bemerkt, dass BitCoin kein wirklicher Retter ist, denn auch hier ist der Wertverlust unter Umständen riesig und selber die durch Inflation gebeutelte heimische Währung die bessere Wahl. Eine Währung hat keinen wert, wenn sie nicht für Wertstabilität sorgen kann – sie schafft sich dann praktisch von selbst ab. Und betrachtet man das Ganze objektiv, stellt sich ohnehin die Frage wer bitte über 2.400 solcher Kryptowährungen benötigt? Tun es nicht auch eine Hand voll? Letztlich handelt es sich hierbei um Inflation, wenn auch nicht in einer Währung, dennoch im gesamten Sektor. Daran verdienen werden nur die Wenigsten, nämlich die Entwickler/Verkäufer dieser vermeintlichen „Währungen“.
Hier liegt vermutlich auch einer der wichtigsten Unterschiede zum Aktienboom der 2000er. Aktien, welche Unternehmen wiederspiegeln, existieren nämlich nicht nur im Computer, sondern produzieren Produkte oder Nutzen, weshalb sie Gewinne durch ihre Geschäftstätigkeit erwirtschaften. D.h. es steht ein realer Wert hinter der jeweiligen Aktie und ein laufender Gewinnfluss. Hierdurch gibt es eine „natürliche“ Untergrenze für Aktienverluste. Bei Kryptowährungen ist diese Untergrenze nicht ersichtlich. Häufig liest man hier von Untergrenze durch „Miningkosten“, aber ist dies wirklich so? Wenn diese „Währungen“ keinen Nutzen mehr stiften können, warum sollten diese dann nicht auch auf Null fallen können? Schließlich gibt es keine Gebäude oder laufenden Gewinne die hinter den Bits und Bytes der „Währung“ stecken!
Betrachtet man das Geschehen dieses Marktes in den vergangenen Monaten etwas genauer, so kann man schnell erkennen, dass das Problem dieses Sektor riesig ist und es bald zu einer Entscheidung ob Sekt oder Selters kommen wird. An der aktuellen Stelle an welchem die Kryptos derzeit stehen gibt es nur noch zwei Wege – Kursexplosion nach oben und somit Reichtum für „Viele“ oder aber Kursimplosion und somit ein herber Verlust für praktisch „Alle“.
Wie man zu dieser Schlussfolgerung kommt?
Hierfür sollte man sich zunächst das Handelsvolumen dieses Marktes betrachten. Es kollabiert förmlich. Es scheint so als handelt der Kryptomarkt nur noch mit sich selbst, es fließt kein neues Kapital in diesen Bereich, was die Kurse treiben könnte. Viel mehr kann man feststellen, dass unter sehr geringem Volumen die Kurse spikeartig nach oben getrieben werden, ehe der Kurs binnen weniger Minuten wieder in sich zusammen fällt. Hier machen sich einige Wenige die Tasche voll und pushen die Kurse lediglich kurzfristig und „künstlich“ nach oben. Fairerweise muss man sagen, dass eine Konsolidierung meist unter geringem Volumen stattfindet und es sich durchaus um eine gesunde Begebenheit handeln kann. Nachfolgende Punkte deuten aber eher darauf hin, dass es sich hierbei um alles andere als eine gesunde Bereinigung handelt.
Was passierte also in den vergangenen Wochen am Kryptomarkt noch, was auf einen nahenden Kollaps dieses Sektors schließen lässt?
1. Bitfinex, eine der größten Börsen für Kryptowährungen scheint vor der Insolvenz zu stehen! Immer häufiger kommt das Gerücht auf, dass Auszahlungen verweigert werden. Ferner ist die dahinter stehende Bank – Noble Bank – so gut wie pleite. Der Kurs ist beinahe bei Null angekommen. Eine „Ersatzbank“ wurde bereits gesucht, aber hierbei handelt es sich nicht einmal um eine Bank und hinzu kommt, dass diese „Möchtegern-Bank“ sogar als „Betrug“ gilt.
2. Ebenfalls existiert das Gerücht, dass Bitfinex gegen seine eigenen Kunden spekulieren soll. So wie dies auch Bitstamp vorgeworfen wird.
3. Derzeit wird viel Kapital von Bitfinex abgezogen, was die Cold-Wallets zeigen.
Quelle: https://bitinfocharts.com/bitcoin/wallet/Bitfinex-coldwallet
4. An der Börse Bitfinex werden „Mondpreise“ für 1 BitCoin bezahlt. Der Aufschlag zu anderen Börsen ist abenteuerlich. Zum einen könnte dies durch Manipulation kommen, zum anderen durch eine Flucht aus Tether hin zu BitCoin.
Quelle: https://www.cryptocompare.com/coins/btc/overview/USD
5. Denn Tether, die „Sicherheitswährung“ der Kryptoszene (1 US-Dollar soll 1 Tether wiederspiegeln), ist eng mit Bitfinex verbunden und fällt derzeit ins „bodenlose“. Trotz Kopplung an den US-Dollar scheint das Vertrauen zu genau diesem Versprechen verloren. Dies lässt eine Flucht von Tether hin zu BitCoin entstehen. Die Verbindung zwischen Tether, dem „Gründer“ von Tehter und der Noble Bank und Bitfinex ist dermaßen undurchsichtig, dass die Alarmglocken läuten sollten.
6. BitCoin orientiert sich in der Regel am Volumen und die Diskrepanz ist aktuell riesig.
Quelle: https://data.bitcoinity.org/markets/price_volume/all/USD?t=lb&vu=curr
7. Andere Kryptowährungen wie Ripple machen mit Märchenstunden auf sich aufmerksam um Anleger zu scheren. So kündigte Ripple erst kürzlich an, dass ihre „Währung“ der Standard für internationale Zahlungen werden wird. Diese und andere Aussagen sollen Studien und Kooperationen belegen. Doch diese Studien und Kooperationen sind lediglich von Microfirmen „vermarktet“ worden. Diese Firmen scheinen „Scheinfirmen“ zu sein und dienen wohl nur einem Zweck – nämlich dem Marketing.
8. Derzeit entsteht immer mehr der Verdacht, dass viele Kryptowährungen nur einem Nutzen dienen, nämlich Anlegern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Kryptobörsen und die „Gründer“ der einzelnen Coins scheinen Luft im großen Stil zu verkaufen.
Fazit: Der Kryptomarkt steht vor einer weitreichenden Bewegung und Neubewertung. Eine weitere Abwärtsbewegung scheint die Konsequenz aus obigem Sachverhalt zu sein. Ferner kämpft der Markt der Bits und Bytes derzeit mit einem Vertrauensverlust und die Angst in der Szene geht um, dass die Coins auf Onlinebörsen nichts mehr wert sind. Nur dadurch da die Szene von „Nerds“ (im positiven Sinn) durchzogen ist kam es bisher nicht zu einem letzten Ausverkauf. Viele der aktuellen Anleger werden auch bei BitCoin-Kursen unter 1.000 Dollar nicht verkaufen, da sie noch immer den Traum einer unabhängigen und freien „Währung“ leben. Sie werden dann all die Buch-Millionen wieder abgeben.
Sollten sich die derzeitigen Gerüchte nicht bewahrheiten ist natürlich ein erneuter Anstieg möglich, was derzeit aber unwahrscheinlich erscheint. Auch gibt es einige Projekte die interessant klingen und Nutzen stiften könnten. Aber warum sollte man diese Projekte nicht als Firma umsetzen und warum muss dies als „Währung“ geschehen? Auch könnte ein weltweiter Währungskollaps die Kryptos wieder mit neuem Geld versorgen.
Derzeit überwiegen aber die Risiken. Somit heißt es das sinkende Schiff vor dem endgültigen Kollaps zu verlassen. Vor allem dürfte der finale Vertrauensverlust in den Kryptomarkt Auswirkungen auf andere Märkte haben. Daher scheint es klug sich in den kommenden Monaten warm anzuziehen und dies nicht nur wegen der Wintermonate.
Marco Freundl
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