Es ist einer jener Tage, an denen man schon ungläubig staunen will, welche Wahrheit es endlich in den Mainstream geschafft hat: Die Süddeutsche Zeitung titelt heute ganzseitig im Wirtschaftsaufmacher „Aus den Fugen! Noch nie in der Geschichte waren die Zinsen so niedrig wie heute“. Zwar ist das zunächst nur „stating the obvious“, wie der Engländer zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis des Offensichtlichen sagt. Doch immerhin wird sie von der SZ lobenswerterweise mit einer großen, plakativen Zinsgrafik von 1970 bis heute 2016 unterlegt – also einer unter Schwankungen permanent fallenden Trendlinie bis auf heute Null Prozent. Doch hier endet die Wahrheit im Mainstream aber auch schon fast. Dass die Grafiker für den Artikel die Sparbuch-Zinsen ausgewählt haben statt die erheblich spektakuläreren Zinsen auf Staatsanleihen, wäre ja noch verzeihbar. Wenn auch bereits grob irreführend, denn eine Grafik, die 1971 bei 4,5 Prozent beginnt (Sparbuchzinsen) und dann in 45 Jahren auf Null fällt, ist nun einmal optisch erheblich weniger spektakulär als eine Grafik, die die nach herrschender VWL-Lehre (Leere) angeblich doch ebenso „risikolosen“ deutschen Staatsanleihen-Zinsen darstellt – wie ich sie regelmäßig in Präsentationen zeige:
Dies wäre die optisch viel klarere Darstellung der 45-jährigen Trendlinie genau seit 1971 (Aufhebung der Goldbindung der Währungen) bis zur heutigen präzedenzlosen Nullzins- oder gar Negativzins-Lage, welche natürliche Entwicklungen künstlich verhindert, ökonomische Grundwahrheiten negiert und so die Marktwirtschaft geradezu pervertiert! Die gesamte Entwicklung der letzten vier Jahrzehnte wäre ohne die ständigen planwirtschaftlichen Eingriffe der Zentralbanken seit 1971 und ganz besonders seit 2008 natürlich niemals denkbar gewesen! Doch nichts davon bei der SZ. Hier „lernt“ der geneigte Leser mal wieder, was konsequent am Thema vorbeigeht. Kommentieren wir nur einige wenige Lowlights aus dem wie so oft dünkelhaft-elitär-altvorderen und doch nur abwegigen Artikel von Nikolaus Piper:
1. „In den 1970er-Jahren gaben viele der [Helmut Schmidt´schen] Bundesregierung die Schuld an der Inflation. [Doch schuld war die Fed:] Die Fed hätte [Inflation verhindern müssen und] die Überhitzung der amerikanischen Konjunktur nicht finanzieren dürfen. Aber der Zusammenhang war für Stammtische zu kompliziert.“
=> In Wahrheit führten die USA seit Mitte der 1960er und bis Mitte der 1970er den Vietnamkrieg, den man bereits mit riesigen Dollar- bzw. Kredit-Mitteln aus der Druckerpresse finanzierte, was schon ab 1965/68 die damals noch gewaltigen US-Goldvorräte und damit die Solvenz der USA gefährdete! Aus diesem Grund (und nicht etwa „zur weiteren Anheizung der ohnehin bereits überhitzen US-Konjunktur“) wurde faktisch (aber gegenüber der Welt unerklärt) von den USA bereits 1962 das Bretton-Woods-System des goldgedeckten Dollars unterlaufen: Es wurde seitdem noch einige Jahre lang der Schein eines festen Dollars durch die Goldpreismanipulation mittels des „London Gold Pool“ aufrecht erhalten; also der 35 $/Unze-Fixpreis durch künstlich-manipulative Maßnahmen noch einige Jahre lang gehalten. Ab 1971 gab man dann sogar offiziell die lästigen Restriktionen dieser künstlich-manipulativ verteidigten 35$-Scheinwelt auf, so dass Nixon-Amerika dann den Vietnam-Krieg ausschließlich mit funny money finanzieren konnte – ohne lästigen Goldanker des Dollars. Axel Weber erklärte in einem Anflug historischer Wahrheitserkenntnis einmal, dass die „modernen“ Zentralbanken des 20. und 21. Jahrhunderts schon seit 1914 in erster Linie dazu eingeführt wurden, um „die Kriegsfinanzierung sicherzustellen“:
Dies ist die historisch sicher verbürgte Wahrheit. Die ökonomische Schulbuch- und Leerbuch-Meinung lautet dagegen, dass die Zentralbanken ausschließlich „lender of last resort“ seien. Leider steht nie darin, dass dieser ach-so-wohltätige „lender of last resort“ einfach nur künstlich die Zinsen drücken soll, damit Staatsanleihen zu niedrigen Kosten (Zinsen) verkäuflich machen soll – und im letzten Schritt heutiger Perversion gleich noch verfassungswidrig diese Staatsanleihen aufs eigene Buch oder auf das der Buddy-Geschäftsbanken nehmen soll, wenn es denn (wie in EUR-Land seit 2010) keine freien, also ZB-unabhängigen, Käufer mehr dafür gibt. ESM, OMT, ANFA, ELA, EFSF und Anleihen mit absurden Laufzeiten von 50 oder gar 100 Jahren, die kein normaler Investor anfassen würde, sprechen eine beredte Sprache von dieser Dauermanipulation zu betrügerischen und letztlich kriegerischen Zwecken. Denn der Unsinn und die Marktverzerrungen und illegitimen Umverteilungen zugunsten der „Druckerpressen-nahen“ Kreise sowie zur direkten Staatsfinanzierung [verboten nach Art 123 AEUV], der mit diesem illegitimen Falschgeld angestellt werden kann, läuft überall auf „Krieg“ hinaus! In EURopa ist dies derzeit v.a. der Krieg gegen die eigene Bevölkerung und gegen das Recht – ab und an im Mainstream auch orwellianisch-verdrehend als „Kampf gegen Rechts“ bezeichnet… Aber all diese evidenten Zusammenhänge waren für SZ-Autor Piper offenbar zu kompliziert…
2. „Ohne EZB-Eingriffe läge der Zins bei vielleicht ein oder zwei Prozent – nicht sehr viel höher als jetzt.“
=> Wow – welche wilden und kruden Thesen an einem frühen Samstagvormittag… Die gesamte Geldgeschichte zeigt, dass selbst in normalen Zeiten Staatsanleihen zumeist zwischen drei und fünf Prozent rentierten. Und auch nur die Anleihen der vom freien Markt als stabil empfundenen Staaten! Zumeist waren dies übrigens solche mit einer glaubhaft ohne Kippen, Wippen oder sonstige Betrügereien goldgedeckten Währung, die solche niedrigen Zinssätze genießen konnten, weil die Geldgeber auf die Rückzahlung in nicht inflationierbarem bzw. staatlich entwertbarem Goldgeld hoffen konnten! Über die Jahrhunderte mussten weniger solide wirtschaftende Staaten bzw. Monarchen zumeist erheblich höhere Zinsen bezahlen. Staaten mit ungedeckten Papiergeldexperimenten (die es lokal in der Geschichte ja immer mal wieder gab – wenn auch nicht wie heute weltweit) mussten wegen ihres erheblich höheren Ausfallrisikos zumeist noch viel höhere Zinsen bezahlen. Bei einer durchschnittlichen statistisch-historischen Lebensdauer ungedeckter Papiergeldwährungen von nur 27 Jahren waren je nach Stadium des Geldwahnsinns zumeist Zinsen über fünf Prozent bis hin zu 200 Prozent (Griechenland im April 2010) oder unendlich fällig (Zimbabwe 2009, Deutschland 1923)!
=> Wo aber stünde EURoland heute in dieser Hinsicht? Nun, am kürzesten fasste es der inzwischen leider verstorbene Prof. Hankel zusammen: „Eine Währung, die dauernd gerettet werden muss, ist keine Währung.“ Dieses Zitat schon von 2011 ist heute noch viel zutreffender als damals – denn es gibt inzwischen noch viel mehr Rettungsvehikel, die auch jeden Tag (!) milliardenschwer zum Einsatz kommen – auch wenn Draghi und Schäuble ebenso wie Yellen in den USA und Abe in Japan gebetsmühlenhaft die „gesunde Normalität“ von Wirtschaft und Währungen beschwören. Nein: alle historische Finanz- und Währungserfahrung belegt, dass alle drei genannten Wirtschaftsräume (und praktisch alle anderen weltweit ebenso) heute ohne Notenbank-Eingriffe nicht „ein oder zwei Prozent höhere“ Zinsen für ihre mit Droh¬-, Zwangs-, Manipulations- und Monopolmacht verteidigtes Klopapier bezahlen müssten, sondern unter normalen freien Marktbedingungen diese Zinsen bereits heute gegen unendlich gingen!
=> Nur keynesianische Dinosaurier können das anders sehen. Schon 2013 hatte ich SZ-Piper in „Gold-Wahn oder Papiergeld-Wahn?“ als solchen bezeichnet. Ebenso schon seit vielen Jahren Pipers Lieblings-Ökonomen P. Bofinger, den er praktisch immer zitiert, denn beide sind ökonomisch-geistig über die VWL-Ideologien der 1970er [faktisch der 1930er] sozialisiert worden und auf diesem Stand stehengeblieben – als ob sich die Illusionen der Keynes´schen Leer-Lehre nicht schon vor Jahrzehnten – und allerspätestens seit der Finanzkrise 2007ff vollständig erschöpft hätten! Wen soll also noch ernsthaft solches Geblubber wundern, mit dem das systemische Mietmaul bzw. der ehemalige „Wirtschaftsweise“ Bofinger auch in diesem SZ-Artikel die Menschen hinter die Fichte führt und langweilt: „Der Zins würde [ohne EZB] als grobe Schätzung bei etwas über einem Prozent liegen, hätte Mario Draghi sein Programm zum Kauf von Anleihen nicht begonnen.“…?
Fazit:
Erneut eine prominent abgedruckte aber leicht durchschaubare Apologie und Relativierung des historisch auf globaler Ebene noch nie dagewesenen Geld-Wahnsinns. Der Mainstream verteidigt mit dem letzten personellen und argumentativen Aufgebot das auf Dauer Unhaltbare – also den über die EZB permanent rettungsbedürftigen, ungedeckten, Transfer-Euro und die ungedeckten Kreditgeld-Orgien der Zentralbanken anderer Währungsräume. Man leugnet bis zum letzten Moment, dass die auf Falschgeld und künstlich-absurdem Null- und Negativzins aufgebaute und auch nur noch dadurch fortführbare Politik eine zutiefst marktfeindliche, existenziell-schädliche und kriegerische ist! Gerichtet gegen das Recht. Gegen den freien, wohlfahrtsfördernden Markt mit freier Preisbildung. Gegen den Frieden. Und damit gegen die Menschen.