Nun, wo Angela Merkels Regierungszeit in die Kanzlerdämmerung übergeht, sei ein Blick zurück auf ihr vorletztes Schlachtfeld, und zwar das des Kampfes um den Euro erlaubt.
Die ungefestigte Struktur gestörter Persönlichkeiten erkennt man übrigens am besten an ihren Freunden und Partnern. Selbstbewußte und in der Realität angekommene Personen werden sich erprobte und zuverlässige Berater suchen, unsichere und schwankende Gestalten dagegen werden sich immer von Blendern, Glücksrittern und Halsabschneidern angezogen fühlen und an der Nase herumführen lassen. Ein wirklicher europäischer Führer hätte die Hellenen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit im hohen Bogen aus der Europäischen Union hinausgeworfen, wohl wissend, daß die Griechen im Gegensatz zu Odysseus auch andere europäische Abenteuer nicht bestehen werden.
Nachdem die Griechen das Euro-Regelwerk ungestraft ad absurdum geführt hatten (keine große Kunst), haben sie auch das Schengen-Abkommen ruiniert. Durch das zweite Griechenland-Versagen ist die Kanzlerin in das nächste große Abenteuer geschlittert, die Grenzsicherungs-Liaison mit Präsident Erdogan. Und von da aus auf die glatte Ölspur eines vollkommen abartigen Unterleibspoeten. So zieht ein Desaster das andere nach sich und das inhaltliche Niveau des Merkel-Dramas sinkt in jedem neuen Akt. Der WELT-Chefredakteur Stefan Aust diagnostizierte deshalb mit Karl Marx argumentierend kein Drama, sondern eine Farce. Die Beratung zum Türkei-Deal soll wiederum durch eine dem griechischen Spekulanten Soros nahestehende Beratungsgesellschaft erfolgt sein, wenn man gewissen Presseorganen noch glauben darf. Soviel Griechenlandbegeisterung der Kanzlerin ist schon bemerkenswert.
Ein mathematisch gebildeter Politiker würde Gleichungssysteme entwerfen, in denen die Zahl der Unbekannten überschaubar ist. Die sich deshalb mit Glück und Fleiß noch irgendwie auflösen lassen. Die Kanzlerin neigt dagegen zu Systemen mit möglichst vielen Unbekannten und verheddert sich logischerweise in unlösbaren Resten. Die Unwägbarkeiten der türkischen und griechischen Innenpolitik, die Unstetigkeit des Windstroms und die Regeln der Scharia sind solche Hypotheken, die man sich im politischen Berlin unnötigerweise aufhalste.
Die deutschen Medien und auch das Auswärtige Amt hatten von der sich spätestens seit 2005 anbahnenden exzessiven Überschuldungskrise Griechenlands überhaupt nichts mitbekommen. 2011 waren alle erstaunt wie die Kinder, als der staatliche Finanzschwindel der Hellenen aufflog. Auch derzeit sind Informationen zum Stand der griechischen „Erholung“ mehr als rar.
In Griechenland regiert seit Anfang 2015 das Parteienbündnis Syriza, welchem die deutsche Presse und das zwangsfinanzierte Staatsfernsehen vor einem Jahr große Vorschußlorbeeren verliehen hatten. Statt neue Risiken sahen die Medienonkels Chancen. Syriza ist jedoch selbst chaotisch und wird nur durch die Gier der griechischen Staatsdiener zusammengehalten. Es besteht aus der Koalition der Linken, der Bewegungen für die Ökologie, der Erneuerten Kommunistischen und Ökologischen Linken, der trotzkistischen Internationalistischen Linken der Werktätigen, der Bewegung für die vereinte Aktion der Linken, der Wählervereinigung Aktive Bürger um Manolis Glezos, der Demokratischen Sozialen Bewegung (einer Linksabspaltung der vorher regierenden PASOK), der maoistischen Kommunistischen Organisation Griechenlands, der trotzkistischen Gruppe Rot, den Ökosozialisten Griechenlands, der linksradikalen Roza, einem politischen Arm des „Netzwerks für Politische und Soziale Rechte“, der Antikapitalistischen Politischen Gruppe APO und den Radikalen. Sie alle haben nun über ein Jahr Zeit gehabt, um zu zeigen wie es geht. Mit Herakles, der den Augiasstall ausmistete, hat der griechische Premier Alexis Tsipras offensichtlich kein entferntes Verwandtschaftsverhältnis.
Das Bruttoinlandsprodukt ist von 181,6 Mrd. € 2014 auf 177,1 Mrd. € in 2015 zusammengeschnurrt. Der Industrieumsatz betrug 2014 101,7 % gegenüber dem Basisjahr 2010, ein Jahr später betrug er nur noch 91,1 % gegenüber 2010. Rund 10 % Rückgang der Industrieproduktion in nur einem Jahr! Wieder einmal hat die deutsche Medienlandschaft davon nichts bemerkt.
Der Einzelhandelsumsatz (2000 = 100 %) erreichte 2014 noch 74,7 %, ein Jahr später brach er auf 72,6 % ein. Im Bauwesen wurden 2014 noch 41,6 % des Umsatzes von 2010 erreicht, 2015 nur noch 40,4 %.
Zu vielen Themen hat das Statistikamt ELSTAT einfach keine aktuellen Daten, die letzten stammen zuweilen von 2013 und 2014. Es zieht langsam wieder der tradierte Duft der „Greek Statistics“ durch die staatliche Behörde. Etwas weiter kommt man traditionell mit den Daten der Bank von Griechenland. Ihnen kann man entnehmen, daß der Export von 2014 auf 2015 von 26,8 auf 24,8 Mrd. € gefallen ist und der Import von 49,1 Mrd. € auf 41,0 Mrd €.
Die Einkünfte aus Transportdienstleistungen, in Griechenland vor allem die Leistungen von Reedereien, sind innerhalb des ersten Regierungsjahrs von Syriza von 13,1 auf 10,0 Mrd. € gefallen. Der allereinzige Lichtblick: die Erträge aus dem Tourismus sind von 13,4 auf 14,1 Mrd. € gestiegen. Allerdings haben die Griechen selbst Auslandsreisen für 2 Mrd. € gemacht.
Eine Banalität: Wenn die Wirtschaftsleistung roundabout zusammenschnurrt, sinken auch die Steuereinnahmen.
Die Zahlen zeigen, daß sich in Hellas der Fall in die Tiefe beschleunigt. Noch haben das Bundeskanzleramt und das Auswärtige Amt nichts davon mitbekommen. Oder verheimlichen sie ihr Wissen, um ihr Versagen dem deutschen Steuerzahler gegenüber zu kaschieren? Grund zur Freude hat Frau Dr. Merkel nicht. Ihre Griechenland-Rettungspolitik ist – wie alles was sie anfaßt – grandios gescheitert.