Oft führten Geldkrisen in Revolutionen oder Kriege. Das wird zuweilen nicht verstanden. Ein Beispiel: Die Geschichtsschulbücher geben im allgemeinen der Weltwirtschaftskrise die Schuld für die epidemische Ausbreitung des Nationalsozialismus in Deutschland. Es wäre sicher Narretei zu leugnen, daß diese Krise Hitlers Machtergreifung begünstigt hat. Als alleinige oder wichtigste Erklärung taugt diese Verelendungstheorie aber nicht.
Einige Historiker haben den Elendsmythos gefördert, zum Beispiel Sebastian Haffner. „Die Not war der erste Grund, der Hitler die Massen zutrieb“ schrieb er in seinem Rückblick „Von Bismarck zu Hitler“. Die Geldkrise der zwanziger Jahre blendete er dagegen völlig aus.
Die von schrulligen Sektierern vorangetriebene Lebensreform und nicht der Hunger war der eigentliche Kraftquell, aus dem Hitler schöpfte. Ob Kohlrabiapostel, Theosophen, Leibeszüchter, Klimakatastrophisten, Nackttänzer, Vegetarier, Okkultisten, Schwundgeldjünger, Astrologen oder Anthroposophen, viele dieser Sonderlinge gaben sich geheimnisvolle Regeln, lebten nach komplizierten Heilslehren, die nicht leicht zu verstehen waren. Verbindungen von Turnen mit Okkultismus und Buddhismus, von Architektur mit Philosophie, von ekstatischem Tanz mit Vegetarismus erforderten die Einübung bizarrer Gedankengebäude, die nur von einem kleinen Teil der Kulturbürger einigermaßen im Sinne ihrer Schöpfer verstanden wurden. Phrasen vom Übermenschen, vom Ende Gottes, von Sklaven- und Herrenmoral, von unwertem Leben und vom Willen zur Macht vervollkommneten den Reformismus.
Diese schrullige und heterodoxe Reform mußte popularisiert und von allzu obskurantistischen Details bereinigt werden, für breite Massen verdaulich gemacht, um als scharfes Schwert auf dem Altar des Nationalsozialismus zu glänzen. Das war die eigentliche Arbeit Hitlers in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre. Übrig blieben nach der Bereinigung die Sonne, die frische Luft, der Sport, der Führerkult, der Jugendkult, ein inkonsequenter Atheismus mit germanischen Göttern und der alles überwuchernde Schönheitswahn. Diese zentralen Botschaften begleiteten die Massen in die neue Zeit.
Aber es gab noch ein weiteres Moment des nationalsozialistischen Erfolgs, welches heute völlig unterschätzt wird. Und welches für die Soziologie der NS-Bewegung eine entscheidende Rolle spielte. Denn ohne das Bildungsbürgertum läuft keine Revolution. Und dieses Bürgertum war der eigentliche Verlierer der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs. Keine Gruppe wurde durch die Inflation von 1920 bis 1923 finanziell so radikal ruiniert, wie diese Schicht, da sie nicht in Produktionsmittel und Grundstücke, sondern in Papiergeld, Kriegsanleihen und Versicherungen „investiert“ war. Die Arbeiter konnten dank der SPD ihren Lebensstandard nach dem verlorenen Krieg annähernd halten, auch das Handwerk und die Industrie kamen mit einem blauen Auge davon. Fast alle Bildungsberufe dagegen hatten geringere laufende Einkünfte als vor dem Krieg und die nicht unerheblichen Ersparnisse wurden Ende 1923 rasiert. Diese unzufriedene und frustrierte Schicht wurde ein natürlicher Resonanzboden der NSDAP.
In der Führung der NSDAP bildete sich das ab. Es überwogen Vertreter einer romantischen Großstadtbohème. Julius Streicher war Lehrer, Rudolf Heß Student, Dietrich Eckardt Dichter und Dramatiker, Max Ammann Feldwebel, Hermann Esser Zeitungsredakteur, Hermann Göring Fliegerhauptmann, Alfred Rosenberg Schriftsteller und Architekt, Hans Frank Dichter, Baldur v. Schirach Dichter, Albert Speer Architekt, Max Erwin v. Scheubner-Richter Student, Joseph Goebbels Redakteur und Schriftsteller, Heinrich Himmler Landkommunarde, Walter Darré Student, Walther Funk Musiker und der Chef versuchte sich auf mehreren Gebieten: Malerei (leidlich gut), Architektur (grauenhaft), Schriftstellerei (eher schlecht als recht) und Eventmanagement (hervorragend).
Auch die Basis der Partei wurde vom Bildungsbürgertum regelrecht gestürmt. Der NS-Studentenbund übernahm bereits 1931 die Führung der Deutschen Studentenschaft. In fast allen Unis stellten die Nationalsozialisten die Mehrheit im AStA. Auch Standesorganisationen der Ärzte, der Lehrer und anderer Berufsgruppen wurden in kurzer Frist regelrecht überrannt. Viele prominente Künstler traten schon in den 20er Jahren in die Partei ein.
Aus diesem Rückblick erkennt man schnell, daß eine Krise des Papiergelds mit der damit verbundenen Vermögensrasur schnell und einschneidend zu einer Radikalisierung des Bildungsbürgertums führen kann. Eine Geldkrise ist wegen der Investition bestimmter Schichten in Sparbriefe, Lebensversicherungen und Geldfonds in ihren Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima auch in unserer Zeit nicht zu unterschätzen.
Die Merkel-Regierung geht laufend neue Verbindlichkeiten ein. Sie hat bereits umfangreiche Pensions- und Alterssicherungsverpflichtungen in einer Billionengrößenordnung von Vorgängerregierungen geerbt. Draufgesetzt hat sie erst umfangreiche Garantien für Griechenland und Co., die erkennbar alle in absehbarer Zeit haushaltswirksam werden. Sie hat eine sogenannte Energiewende als Billionenvernichtungslawine losgetreten. Und weil das nicht reichte, hat sie durch unregistrierte Asylbewerber und ungeregelte Einwanderung eine Kostenexplosion n den Sozialsystemen und bei den Sicherheitskräften verursacht. Vom Kostenrahmen her erreichen diese Verbindlichkeiten zusammengenommen den Umfang des Ersten bzw. Zweiten Weltkriegs. Das heißt, daß am Ende mindestens ein Währungsschnitt, vielleicht auch eine Währungsreform stehen wird. Mit unkalkulierbaren Auswirkungen.
Wie werden die Geschädigten das nächste Mal reagieren? Werden sie in einem marktwirtschaftlichen Umfeld die Zwangshypotheken zähneknirschend abarbeiten, wie nach dem Zweiten Weltkrieg oder werden sie sich wie in der planwirtschaftlichen Weimarer Republik die Schädel einschlagen? Sicher kann ein rechtzeitiger Paradigmenwechsel der Politik das Schlimmste noch verhindern. Falls der zu lange auf sich warten läßt, plädiere ich zur Vermeidung eines Bürgerkriegs für einen Ausweg: Die Bürger sollten Gold, Silber und Sachwerte (die nicht im Grundbuch stehen) kaufen, solange es noch geht. Man sollte die Lebensversicherungen versilbern und die Sparbücher vergolden. Auch sonst gibt es Werte. Antiquitäten sind durch die herrschende Bauhausmode derzeit vergleichsweise billig. Und manche Güter sind sehr langlebig. Landwirtschaftliche Maschinen in Kleinbetrieben beispielsweise kann man fünfzig Jahre und länger nutzen.
Gold ist eine gute Alternative zu Geld, weil Edelmetalle weltweit einen Wert verkörpern. Man ist nicht an das Glück oder Pech einer einzigen Nation oder den Niedergang der Eurozone gekettet.
Einige Bürger sind nicht dumm. Seit 2012 verzeichnet die Bundesbank bereits einen leichten, aber kontinuierlichen Rückgang der privaten Geldvermögen, der sich im letzten Vierteljahr 2015 beschleunigt hat. Die EZB kauft uns immer wieder Zeit. Die muß man einfach nutzen.